Belgier in Deutschland: Goedele Mathyssen und Peter Bienstman

Liebe Goedele, lieber Peter, vor 31 Jahren, im März 1992 habt Ihr "Confiserie Felicitas" in Hornow (Brandenburg) gegründet. Könnt Ihr uns kurz Euren Werdegang und Eure Entscheidung nach Deutschland zu ziehen schildern?
Wir stammen beide aus Leuven in Belgien, wo wir in den sechziger Jahren geboren wurden. Noch während Goedeles Ausbildung zur Krankenschwester und nach Peters Maschinenbau-Studium sind wir 1987 für ein Entwicklungsprojekt viereinhalb Jahre nach Nigeria gezogen. Dort ist unsere Entscheidung gereift etwas Neues zu tun. Unser zukünftiger Tätigkeitsraum sollte in Europa liegen, aber nicht in unserem Geburtsland Belgien, da gab es schon von allem genug und unser Geburtsland schien uns inzwischen zu klein geworden. In Nigeria hörten wir von der Wiedervereinigung in Deutschland und besuchten von dort aus die Lausitz, mit der Absicht eine Marktlücke zu finden. Befreundete Belgier, die ebenfalls in Nigeria waren und die wir aus Forst kannten, gaben den Anstoß dafür, damals gemeinsam die Lausitz zu besuchen.

Bevor Ihr nach Deutschland gezogen seid, habt Ihr euch als Entwicklungshelfer in Nigeria engagiert. Könntet Ihr uns etwas mehr über Eure Arbeit und die Erfahrungen dort, sowie Eure Entscheidung Nigeria nach einigen Jahren zu verlassen, erzählen?
Im Jahr 1987 herrschte noch Wehrpflicht in Belgien beziehungsweise hatte man ein Wahlrecht für einen zweijährigen Zivildienst. So fiel die Wahl von Peter auf den Zivildienst. Nachdem wir ein Jahr in Nigeria waren, verließ Peters Projektleiter das Land und somit bekam Peter die Chance die Leitung zu übernehmen, unter der Voraussetzung, dass er diese noch mindestens 1- 2 Jahre ausüben würde. So blieben wir einfach länger als zunächst geplant in Afrika. Zwischenzeitlich hörten wir vom Mauerfall in Deutschland und hatten eine Idee im Kopf…

"Vom Entwicklungshelfer zum Chocolatier": wir sind bestimmt nicht die Ersten, die es Euch fragen – was hat Euch dazu gebracht, Schokolade im ehemaligen Ostdeutschland herzustellen?
Die Entscheidung für die Lausitz war eine Entscheidung des Herzens. Die Landschaft und Idylle der Lausitz ist ein großer Gegensatz zu Nigeria, aber auch zum urbanen Belgien. Hier hat es uns einfach gefallen. Es war die Zeit nach der Wiedervereinigung von West- und Ostdeutschland und in Ostdeutschland waren nach der Wende viele Betriebe kaputt gegangen. Die Stimmung bei den Menschen lag irgendwo zwischen Resignation und Aufbruch. Wir wollten klar unsere positive Einstellung und unseren Enthusiasmus einbringen. Der Wunsch nach Selbstständigkeit war bereits in Nigeria in uns gereift. Wir brauchten eine Geschäftsidee, um in der Lausitz leben zu können. Für uns gebürtige Belgier lag es nah etwas mit Schokolade zu machen, zumal es in der Lausitz einfach keine gute Schokolade gab. So war die Entscheidung schnell gefallen. Goedele absolvierte eine Ausbildung zur Chocolatière bei Goossens in Antwerpen und am 11. März 1992 gründeten wir die Confiserie Felicitas GmbH in Hornow.

Soziales Engagement ist Euch weiterhin sehr wichtig. Neben der Herstellung von handgefertigter und Fair Trade Schokolade, habt Ihr 50 Frauen aus der Lausitz zur Chocolatière ausgebildet, und aktuell unterstützt Ihr Kakaobauern aus Kamerun. Könnt Ihr uns sagen, wie genau Euch dies gelingt?
Als Arbeitgeber im ländlichen Raum ist es uns wichtig unsere Arbeitskräfte aus dem näheren Umfeld zu rekrutieren. Da viele Frauen früher im landwirtschaftlichen Umfeld gearbeitet haben und diese Beschäftigungen weggefallen sind, haben sie bei Felicitas eine neue berufliche Perspektive gefunden. Nicht zu vergessen, Frauen haben meist mehr Feingefühl was unseren Produkten sehr zugute kommt. Wir sind Botschafter für die Brandenburger Stiftung "Hilfe für Familien in Not" und unterstützen viele Vereine und Veranstaltungen in der Lausitz. Damit versuchen wir die Region ein Stück weit mehr zu dem zu machen, warum wir vor über 30 Jahren hergezogen sind: einfach ein lebenswertes Fleckchen Erde! In Dresden lernten wir Wilson aus Kamerun kennen, der in der sächsischen Hauptstadt eine kleine Kaffeerösterei betreibt und über den von ihm gegründeten Verein Denk e.V. (Deutschland-Nkambé e.V.) lokale Bauern in der nordwestlichen Krisenregion Kameruns unterstützt. Er ist die Kontaktperson für unsere Kakaobohnen aus Kamerun, die wir bei uns rösten und schokolieren. Die Schokolade, die wir verarbeiten, beziehen wir aus Belgien, von Callebaut oder Belcolade. Beide Firmen verarbeiten für uns nur fair gehandelte Kakaobohnen, die bis zur Anbauplantage rückverfolgbar sind.

2005 sind Sie, Frau Mathyssen, zur Brandenburger Unternehmerin des Jahres gewählt worden, zudem kamen 2022 die Auszeichnungen "Gastgeber des Jahres im Lausitzer Seenland" sowie "Brandenburger Gastlichkeit in der Kategorie Ausflugslokal" dazu. Wie sah dieser Weg zum Erfolg aus?
Wenn Sie ein Ziel haben, halten Sie daran fest! Haben Sie die Bereitschaft, manchmal ein Stück ihrer Lebensqualität zu opfern. Lassen Sie sich von Herausforderungen nicht abschrecken und gehen Sie Ihren Weg mit dem nötigen Durchhaltewillen. Leben Sie Ihre Träume … aber haben Sie auch einen Plan "B" im Kopf, wenn Situationen ein Umdenken erfordern.

Mittlerweile beschäftigt Ihr mehr als 70 Mitarbeiter und habt 2014 das SchokoLadenLand samt Mitmach-Schauwerkstatt, Café und Kino, Tiergehege, und seit 2020 auch eine Brasserie, eröffnet. Stück für Stück habt Ihr aus dem kleinen Unternehmen ein beeindruckendes Lebenswerk kreiert. Über welche Investitionen / Entscheidungen seid Ihr besonders glücklich? Und über welche eher weniger?
Das "Ja" zum Besucherzentrum SchokoLadenLand. Damit ist die Confiserie Felicitas den großen Schritt vom "einfachen" Schokoladenhersteller zum Erlebnis Schokolade gegangen. Die Integration von Tourismus, das Angebot von Erlebnissen, die Etablierung eines Veranstaltungsbereichs und der Gastronomie erweitern das Spielfeld beträchtlich. Wir schaffen eine Welt rund um das eigentliche Ziel Schokolade zu verkaufen. Wir zeigen dem Kunden transparent, warum handgemachte Schokolade so viel mehr Zuwendung erfordert, als man es von dem gewöhnlichen Schokohasen erwarten würde. Unsere Gäste und Kunden zeigen uns im Gegenzug die Wertschätzung für unserer Produkte und unseren eingeschlagenen Weg. Wir sind froh, dass wir uns dafür entschieden haben, nicht an Lebensmittel-Handelsketten zu liefern, sondern auf Qualität und Individualisierung gesetzt haben. Die aktuelle, breite Aufstellung der Firma macht uns etwas krisenfester als ein reiner Produktionsbetrieb, ist aber von der Organisation her viel komplexer.

Coronapandemie, Energiekrise, Klimawandel – man hat den Eindruck, eine Krise nach der anderen zu durchleben. Inwiefern hat und hatte dies (wirtschaftliche) Konsequenzen für Euch?
Die Herausforderungen für Unternehmer sind seit der Coronapandemie nochmals deutlich gewachsen. Fehlende Kunden aufgrund von Beschränkungen und folglich Umsatzrückgang machen Entscheidungen nicht einfacher. Dennoch haben wir es geschafft, das Unternehmen und unsere Mitarbeiter erfolgreich durch die Krise zu bringen. Geopolitische Krisen mit der Folge der Energiekrise in Deutschland hat sich niemand gewünscht, am wenigsten die Menschen in der Ukraine. Wir arbeiten ständig an Lösungen, um unsere Effizienz in Prozessabläufen zu steigern. Dazu gehört auch, dass wir Produkte und Dienstleistungen auf ihre Wirtschaftlichkeit hin überprüfen und im Negativergebnis auch aus dem Angebot streichen. Die Qualität darf aber nie unter diesen Maßnahmen leiden, das ist oberstes Credo bei Felicitas. Wir stellen uns auch diesen Herausforderungen und versuchen unser Produkt so effizient und nachhaltig wie möglich herzustellen und an den Kunden zu bringen.

Schokolade macht glücklich – welches Eurer 1.000 Schokoladenprodukte ist bei Euren Kunden besonders beliebt? Welche drei Produkte liegen Euch besonders am Herzen?
Unser großer Pluspunkt gegenüber vielen anderen Chocolatiers ist unsere Individualität. Wir können Kunden vielfältige Möglichkeiten zur Individualisierung bieten. Sei es eine Logo-Praline, eine Schokoladenplatte mit einem persönlichen Gruß oder das in Schokolade gemalte Portrait einer lieben Person oder die persönlich zusammengestellte Pralinenmischung in einer individuellen Verpackung… alles ist möglich. Darüber hinaus haben wir einen Klassiker, der eigentlich als Nebenprodukt entstanden ist, unsere "Schoko-Scherben". Entstanden in der Anfangszeit aus zerbrochenen Figuren, die während der Herstellung einen Makel aufwiesen. Inzwischen werden seit Jahren mit voller Absicht Figuren zu "Scherben" verarbeitet. Am Herzen liegen uns alle Produkte, deshalb tun wir uns auch manchmal so schwer einen lieb gewonnenen Artikel aus dem Programm zu nehmen. Aber richtig stolz sind wir auf die Pralinen in Gurken-Form, die Felicitassen (eine Praline zum Trinken und Auflösen in Milch) und unsere schokolierten Früchte und Nüsse.

Ihr wohnt seit über drei Jahrzehnten in Deutschland. Gibt es etwas, dass Ihr aus Belgien vermisst?
So sehr die Lausitz sich zu unserer Heimat entwickelt hat, so stark fehlt uns manchmal unsere Verwandtschaft. Unsere beiden Familien sind groß und leben rund um Leuven und Antwerpen. Darüber hinaus sind die "alten" Freunde aus Kinder- und Jugendzeiten leider sehr fern. Echte belgische Fritten mit richtig guten Muscheln, sowie die herrliche Pickles-Sauce vermissen wir natürlich auch ;-)

Könnt Sie uns einige Eurer kulinarischen Tipps in Brandenburg / Deutschland / Belgien mitgeben? Z.B. welche (deutschen) Delikatessen wir uns nicht entgehen lassen sollten?
In den letzten 30 Jahren haben wir das ultragesunde und wohlschmeckende Lausitzer Leinöl schätzen und lieben gelernt. Dazu ein paar Kartoffeln vom Bauern nebenan und eine ordentliche Portion Quark vom regionalen Erzeuger. Der Tipp schlechthin in der Lausitz! Wild aus dem Hornower Wald ist einfach eine ganz andere Qualität an Fleisch und in keinster Weise mit industriell erzeugten Fleischprodukten zu vergleichen. Feinste belgische Pralinen, für die sorgen wir selbst. Ansonsten fehlt uns eigentlich nur die Vielfalt an belgischen Bieren, wobei man natürlich inzwischen auch einige Sorten in Deutschland bekommen kann.

Confiserie Felicitas hat eine beeindruckende 30-jährige Unternehmensgeschichte hinter sich. Worauf seid Ihr am meisten stolz und was wünscht Ihr euch für die Zukunft?
Wir würden heute, mit dem Rückblick auf die letzten 31 Jahre, auf jeden Fall denselben Weg wieder gehen. Bei Entscheidungen besteht immer eine gewisse Unsicherheit bezüglich des Ergebnisses. Man weiß auch nicht, ob eine anders getroffene Wahl, die eingeschlagene Richtung wesentlich verändert hätte. Sicher… hätte uns jemand zu Beginn all die Stolpersteine aufgezählt, wären wir unsicher geworden. Aber andererseits hat jede selbst getroffene Entscheidung uns Erfahrungen sammeln lassen und mit der Zeit sind wir daran gewachsen. Das Ergebnis, den Beruf des "Chocolatiers" nach Brandenburg gebracht zu haben, ein altes landwirtschaftliches genutztes Gelände in eine moderne Produktionsstätte mit attraktivem Besucherzentrum verwandelt zu haben, die Etablierung eines touristischen Ausflugsziels in einer strukturschwachen Region, die Belieferung von Kunden in ganz Deutschland mit eigenen Filialen in Dresden und Potsdam bis hin zur Präsenz an vier großen deutschen Flughäfen,… all das rechtfertigt unseren Einsatz!

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