Felicitas erobert das Großenhainer Land

 

Goedele Matthyssen zuzuhören, ist wie Stück für Stück Schokolade essen. Ihre Erzählungen, allesamt so lecker und die vielen Erlebnisse, von der die 55-Jährige mit leuchtenden Augen und charmant gestikulierenden Handbewegungen berichtet, machen Lust auf mehr. Auf viel mehr! Jeder Satz zergeht wie all jene Köstlichkeiten auf der Zunge, welche die gebürtige Belgierin herzustellen vermag. Filigrane Pralinen etwa, Tafeln, Hohlfiguren oder individuell gestaltete Präsente. 

Kleine Kunstwerke aus bester belgischer Rohschokolade,gleich nun, ob an den Flughäfen von Berlin, Hamburg, Frankfurt oder Düsseldorf, in bester Innenstadtlage von Potsdam oder in Dresden an der Frauenkirche. Mit einer eigens kreierter Rezeptur von 1991, ganz viel Liebe zum

Detail und vor allem Herzblut für ihren Beruf bringt Goedele Matthyssen inzwischen tonnenweise an die begierige Frau und den heißhungrigen Mann, was seit kurzem auch im DDV-Lokal Großenhain erhältlich ist. Hochwertige Confiserie-Ware der Schokoladen-Manufaktur Felicitas. „Als wir damals unser Unternehmen gegründet haben, wollten wir ihm einen Namen mit Bedeutung verleihen. Da Felicitas auf die lateinische Vokabel für Gedeihen und Glück zurück geht, erschien uns das passend“ erinnert sich Goedele Matthyssen und strahlt. 

Es ist das Lächeln einer glücklichen Frau. Eine, die weiß, was sie im Leben erreicht hat und die auch dann keine bittersüße Miene verzieht, als sie über jene Jahre berichtet, in denen der vermeintliche Erfolg drohte zusammenzuschmelzen, wie Nougat in der Brandenburger Sonne. 

Als begann, was sich ehrlicherweise wie das Drehbuch eines Till Schweiger-Verkaufsschlager anhört. Erst recht, wenn die Protagonistin Goedele Matthyssen den Film zugunsten der Zuhörer noch einmal im Schnelldurchlauf zurück spult. Sie unterhaltsam mitnimmt ins Jahr 1987, indem sie ihren Mann Peter Bienstman heiratet und zwei Monate später mit dem Betriebswirtschaftler auf Entwicklungsmission nach Nigeria geht. 

Sie, die engagierte Krankenschwester aus der Universitätsstadt Leuven, die seit frühster Kindheit von einem Leben auf dem Land träumt. Inmitten von idyllischer Natur, mit Pferden und einer eigenen Familie. Die anpacken kann und nicht kneift, wenn’s doch mal schwierig wird. Er, der Zahlen ebenso liebt, wie den Menschen im afrikanisches Land am Golf von Guinea zu helfen und erst recht seine Goedele. 

Tausende Kilometer trennt sie vom belgischen Zuhause, als 1989 auf einem anderen Fleckchen Erde, die politische Ordnung neu ausgerichtet wird und plötzlich Grenzen verschwinden. Eine eher zufällige Bekanntschaft und eine Einladung beim belgischen Botschafter in Nigeria lässt Goedele und Peter wenig später auf die Brandenburgische Lausitz und das gut 25 Kilometer von Cottbus entfernte Hornow aufmerksam werden. Weshalb nicht dorthin gehen, wo doch ohnehin jetzt alles neu anfangen sollte? Ein Unternehmen gründen wie einst schon Peters Großvater und auf eigenen Füßen stehen?

Es ist der Moment, in welchem eben jene, eigentlich Leinwandreife Nachwende-Erfolgsgeschichte ihren Anfang nimmt. In der die bisher auch als Hebamme tätige Goedele sich im belgischen Antwerpen bei Meisterchocolatier Goossens als Chocolatier ausbilden lässt und gemeinsam mit ihrem Mann am 11. März 1992 die Confiserie Felicitas GmbH gründet. 

Denn wenn die beiden Belgier bei ihren Stippvisiten in der ostdeutschen Lausitz eines schnell begriffen haben: Schokolade wie sie ihnen einen Genuss bereitet, gibt es in der Braunkohlegegend nun wahrlich nicht.  Was allerdings nichts daran ändern kann, dass die in ehemaligen LPG-Gebäuden produzierte vermeintliche „Luxusschokolade“ sich wirklich gut verkaufen lässt. „Nein, das war ganz und gar nicht so! Die ersten sieben Jahre lief es absolut schlecht. Wir waren inzwischen Eltern zweier wunderbarer Kinder geworden, wussten aber wirtschaftlich manchmal nicht, wie es in den nächsten Tagen finanziell weitergehen sollte“, erinnert sich Goedele Matthyssen. 

Getreu dem Motto: „Schokolade fragt nicht. Schokolade versteht dich.“, ging es. Und zwar allen Unkenrufen zum Trotz ab 1998 stetig bergauf. Aus ehemals zehn Sorten Pralinen und 20 Hohlfiguren sind bis heute satte dreitausend Artikel geworden. Hergestellt und verkauft von 75 Mitarbeitern, die vor der Einstellung auf Herz und Nieren auf ihre Liebe zur süßen Verführung in weiß, hell oder dunkel geprüft werden. Und die ganz sicher auch mit ihren persönlichen Einstellungen und Grundwerten zum bodenständigen Familienunternehmen Felicitas passen sollten. 

Eines, indem die Hinwendung zu jenen, die nicht auf der Schokoladenseite geboren worden sind, noch immer groß geschrieben wird. Indem sich die dreifache Mama und inzwischen Omaehrenamtlich für die Brandenburger „Stiftung Hilfe für Familie in Not“ einsetzt und arbeitslose Braunkohlebaggerführerinnen zu vortrefflich tätigen Chocolatiers angelernt hat. Lausitzerinnen, die jene Kunst beherrschen, welche auch der Belgierin beschieden ist: kulinarische Meisterklasse in allen Formen und Geschmacksnuancen zu erschaffen. Glück, das man essen kann.

von Catharina Karlshaus | Sächsische Zeitung

 

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